Hautalterung: Pubertät, Stress, Ernährung und mehr
Überprüft von Dr. med. Felix Bertram am 17. Juni 2021
Fast 3000 Kilogramm Hautzellen werden wir verlieren und uns bis zu unserem Lebensende rund 1000 mal „gehäutet“ haben – nur zwei faszinierende Fakten aus dem Zyklus unserer Haut, den wir von der Geburt bis zum Alter in und mit ihr durchleben.
Die Haut stellt ein faszinierendes Meisterwerk der Biologie dar! Sie bildet unsere direkte Verbindung zur Aussenwelt, mehr noch: Ohne ihren Tastsinn wären wir gar nicht lebensfähig! Gleichzeitig fungiert sie als Schutzwall für unser Innerstes. Sie hält auf Distanz, federt ab. Und dann sendet und empfängt sie unablässig Signale, verarbeitet Impulse und – wie man inzwischen weiss – sogar Duft- und Lichtreize! Ein komplexes, raffiniertes Kommunikationssystem und ein Phänomen der Wahrnehmung und Abgrenzung.
Die essenziellen Momente dieses fantastischen und multitalentierten Organs, das uns rund 80 Jahre behütet, möchten wir (Journalistin Susanne Opalka sowie die skinmed-Hautärzte Dr. Felix Bertram und Dr. Akewit Chanwanpong) Ihnen hier näherbringen. Steigen Sie mit ein in den Lebenszyklus unserer Haut und erfahren Sie mehr über den wundersamen Prozess der Hautalterung.
Neugeboren und bereits intakt
Schon bei der Geburt haben wir prinzipiell eine komplett funktionsfähige Haut – dazu gehören zum Beispiel um die 5000 Sinneszellen, meterweise Nervenbahnen pro Quadratzentimeter und die endgültige Zahl der Zellen, die unseren Hautfarbstoff produzieren! Allerdings ist die Haut eines Neugeborenen erst halb so dick und noch nicht so stabil und elastisch wie die eines Kleinkindes, weil Epidermis und Lederhaut noch nicht komplett verzahnt sind.
Mit der Produktion des Pigments Melanin (je nach Mischungsverhältnis von gelbrotem Phäo- und schwarzbraunem Eumelanin entstehen Haut- und Haarfarben) hapert es auch noch ein wenig. Deshalb ist die Haut von Säuglingen extrem sonnenempfindlich. Und: Auch der Grund, warum Babys vor Kälte geschützt werden müssen, liegt in der Haut. Im Vergleich zum Körpervolumen haben sie eine grosse Körperoberfläche und über diese verlieren sie Wärme. Am Beginn unserer Reise fehlt uns im Unterhautfettgewebe noch das Polster gegen Kälte; das isolierende weissgelbe Fett.
Reif für erstaunliche Leistungen
Leistungsfähigkeit und Funktionen nehmen nun Fahrt auf. Im Alter des Schulbeginns wird es auch für die Hautzellen ernster: Sie agieren auf Hochtouren, Keratinozyten bilden innerhalb von 28 Tagen eine komplett neue Hornschicht der Oberhaut; die jetzt üblichen Knie- und Ellbogenschürfwunden verheilen in Rekordzeit. Das liegt an den vitalen Stammzellen, die sich pumperlgsund in der Basalschicht aalen und nur aktiv werden, wenn ein Grund vorliegt – etwa, wenn eine der obersten Hautschichten verletzt wird. Dann senden sie Tochterzellen nach oben und reparieren die Haut – viel schneller als das Zellwachstum normalerweise abläuft.
Qualität und Quantität
Inzwischen macht unser grösstes und schwerstes Organ 20 Prozent des Körpergewichts aus und speichert bis zu zehn Liter an Wasser. Kollagenfasern und elastische Fasern in der Form von Elastin liegen bereits jetzt in endgültiger Anzahl in der Lederhaut vor. Je nach Geschlecht haben sich jedoch unterschiedliche Strukturen herausgebildet: Bei Jungen werden die Fasern engmaschig vernetzt und stabiler angelegt als bei Mädchen, deren elastische Gewebefasern parallel verlaufen und lockerer sind, um sich später ausdehnen zu können.
Gesunde Flora: Wir sind nicht allein
In Toplage, also in der Hornschicht, setzt sich unsere gesunde Hülle jeweils zur Hälfte aus humanen und aus bakteriellen Zellen zusammen, die unsere Hornschicht mit dem hauteigenen Säureschutzmantel im Gleichgewicht halten. Unser spezifisches Hautmikrobiom haben wir grundsätzlich von der Mutter geerbt, es verändert sich jedoch ständig, und in Abhängigkeit von Faktoren wie Ernährung, Klima und Lebensumständen.
Grundsätzlich gilt aber: Die Unterschiede in der Zusammensetzung der Mikroorganismen der Hautflora zwischen unseren einzelnen Körperstellen (Wade, Stirn, Nase, Achselhöhle) werden immer grösser; sie haben sogar weniger gemein, als die zweier Menschen. Leben diese aber zusammen, passen sich auch ihre Skin-Mikrobiome aneinander an!
„Im Gegensatz zu allen anderen Gewebezellen unseres Körpers besitzen die Hautzellen eine lebenslange Fähigkeit zur Teilung und Regeneration!“
Herausfordernde Hormonschübe
Im Blut tummeln sich jetzt eine Vielzahl von Hormonen, die Nebennieren, Eierstöcke und Hoden mit Beginn der Pubertät anscheinend wie entfesselt produzieren – bei Mädchen beginnt diese herausfordernde Zeit heutzutage bereits um den 10., bei Jungen um den 12. Geburtstag. Warum das für die Haut bedeutsam ist?
Unsere Talgdrüsen – sie sitzen in der Lederhaut, dicht unter der Epidermis genau dort, wohin auch die Blutgefässe reichen – besitzen nicht nur Rezeptoren für Hormone, beide ziehen sich sogar magisch an. Aus dieser Liaison steht am Ende eine falsch gesteuerte Talgdrüse, die fatalerweise jede Menge Talg herstellt. Je mehr männliche Hormone bzw. je empfindlicher die Rezeptoren sind, desto grosszügiger die Menge, die sich im Porenkanal sammelt und ihn, nach diversen biochemischen Vorgängen, verstopft. Die gefürchtete Akne entsteht.
Akne betrifft inzwischen rund 80 Prozent aller Teenager. Die beste Strategie: Wehret den Anfängen! Sobald eine Neigung erkennbar wird, antientzündliche Gele oder Cremes verwenden, die die Verhornungsneigung der Pore hemmen. Und die Ernährung überprüfen: Kuhmilch, Weissmehl und Zucker für ein paar Wochen ganz streichen (fördern Entzündungen) und mehr Ballaststoffe (Gemüse, Weizenkleie, Vollkorn, Nüsse) auf den Speiseplan setzen.
Dauerstress? Seht die Signale!
Ausgerechnet heute! Am Morgen des ersten Tages im neuen Job, am Abend vor dem Wiedersehen mit der Ex ist er da, leuchtend rot und an prominenter Stelle: der Stresspickel! Tatsächlich jagt der Stress erster Erwachsenenjahre, wenn wir im Job, im Studium und im Leben durchstarten, das Stresshormon Cortisol durch unsere Blutbahnen. Mit dem Ergebnis, dass die Talgdrüsen überreagieren, ähnlich wie in der Pubertät. Kurze Phasen quittiert die Haut mit SOS-Signalen wie Pickeln im Gesicht. Chronischer Stress jedoch lässt Kaskaden freier Radikale entstehen, die die zelleigenen Antioxidantien nicht mehr einfangen können. Die Zellen oxidieren regelrecht.
Das Wunder des Widerstands
Doch unsere Haut ist in diesem Alter (noch) ein Wunderwerk an Resilienz: Selbst massiven Interventionen wie Piercings, Tattoos und Permanent Make-up trotzt sie. Mit zu langen Clubnächten inklusive Zigaretten, Alkohol, wenig Schlaf wird sie jetzt auch noch fertig, ohne sichtbar zu altern oder Fältchen zu zeigen. Vorausgesetzt, sie bekommt zwischendurch Chill-outs! Stichwort Gleichgewicht!
Das bedeutet: mild, aber effektiv reinigen, mit Feuchtigkeit und Antioxidantien von innen und aussen versorgen, entspannende Masken und Massagen geniessen, die für Glücksmomente sorgen. Tatsächlich steigern positive Gefühle nachweislich die Produktion sogenannter „körpereigener Drogen“ (Botenstoffe wie Oxytocin, Serotonin und Dopamin) und erhöhen die Durchblutung, die Versorgung der feinsten Kapillare mit Sauerstoff und Nährstoffen. Ein Booster für die Widerstandskraft. Das gilt natürlich in jeder Lebensphase!
Licht und Schattenseiten
Die Farbe, die unsere nackte, unversehrte Haut hat, sagt viel über unsere genetisch-geographische Hauttypherkunft aus. Die signalisiert uns, in welchen Breitengraden unsere Haut eindeutig im Vorteil ist!
Helle Hauttypen können selbst in sehr Sonnenlicht armen Regionen Vitamin D bilden, dunkle Hauttypen bleiben von permanenten Schäden durch UV-Überdosen geschützt. Verantwortlich für unsere Hautfarbe sind die Melanozyten, die gelbrotes Phäo- und schwarzbraunes Eumelanin herstellen. Rund 100 Melanozyten an Handflächen/Fusssohlen und bis zu 2000 im Gesicht haben wir – pro Quadratmillimeter Haut. Ihre Anzahl ist bei allen Menschen gleich, aber die einzelnen Pigmentzellen sind unterschiedlich produktiv: Für sehr helle Teints spuckt jede Zelle rund 12 Einheiten Farbe aus. Bei dunklen Teints sind es bis zu 600 Pigmenteinheiten.
Melanin schützt auch vor Infrarot – dem langwelligen wärmenden Anteil des Sonnenlichts. Daher fühlen sich die hellen Hauttypen in der prallen Sonne auch so schnell unwohl. Dunklere Hauttypen absorbieren diese Wärme viel stärker, haben dafür aber einen erhöhten epidermalen Wasserverlust, weil die Hitze Feuchtigkeit verdampfen lässt. Dies macht die Haut auch verletzlicher, was viele asiatische Hauttypen erleben. Sie haben ein dünneres Stratum corneum (oberste Hornschicht), aber insgesamt eine stärkere Epidermis. So erklärt sich auch, dass asiatische Haut zwar später Falten zeigt, aber auf externe Faktoren wie äussere Reize sehr viel empfindlicher reagiert (z. B. mit Unverträglichkeiten und Pigmentvergathschiebungen).
Tapfer und flexibel
Abhängig davon wie elastisch und dehnbar das gesamte Bindegewebe ursprünglich angelegt wurde (danken Sie Ihren Eltern für die Gene!), steckt es den gesamten Wachstumsprozess des Körpers inklusive so mancher Schübe (im Teenageralter z. B.) meist locker weg. In der Schwangerschaft jedoch (je später, desto wahrscheinlicher) fühlt sich das flexible Stützgerüst überfordert, kann nicht mehr mithalten und reisst. Um diesen Schaden zu reparieren, die Region zu stabilisieren, werden Ersatzfasern produziert, die erst als rote, später als weisse Streifen an der Oberfläche sichtbar werden.
Sichtbare Erfahrungen
Natürlich altert unsere Haut streng genommen vom ersten Tag unserer Geburt an, sichtbar wird es an der Oberfläche aber erst gegen Ende 20, an der zarten Haut unter den Augen, die sich dann kleine Linien zulegt (die Haut ist hier rund 10 mal dünner als zum Beispiel am Rücken). Mit Ende 30, Anfang 40 zeigen sich dann auch äusserlich die ersten Anzeichen, dass sich das Unterhautfettgewebe reduziert. Elastizität und Festigkeit geben nach. Fältchen und Linien entstehen, Poren scheinen vergrössert, erste Äderchen schimmern durch, Teint-Ton und „Glow“ verändern sich, Pigment-, respektive Altersflecken tauchen auf. Beschleunigt wird (wurde) dieser ganz natürliche innerliche (intrinsische) Vorgang durch äussere Einflüsse. Allen voran: UV-Strahlen und Dauerentzündungen durch freie Radikale!
Älter über Nacht?
Es gibt sie wirklich, diese Schübe, die so wirken, als sei die Haut über Nacht um fünf Jahre gealtert! Zum Beispiel möglich um den 45. Geburtstag, wenn das hauteigene Jugendlichkeitshormon DHEA (Dehydroepiandrosteron) stark absinkt. Übrigens bei Männern genauso wie bei Frauen. In den ersten fünf Jahren der Wechseljahre schrumpft dann der Gehalt der (weiblichen) Haut am so wichtigen Protein Kollagen um bis zu 30 Prozent. Nach den Wechseljahren befindet sich nur noch rund ein Zehntel des Östrogens im Körper. Östrogene verursachen Wassereinlagerungen im Gewebe, ohne deren Wirkung büsst die Haut nun ihre jugendliche Spannung ein, vermehrt bilden sich Falten.
Setzen Sie auf gute Fette bzw. Öle! Wichtig sind gerade ab 45, 50 Leinöl, Algenöl, Weizenkeimöl, DHA, Omega 3. Gute Fette stärken die Membran jeder unserer Milliarden Zellen; über die Membran kommunizieren die Zellen miteinander, sie ist der Neoprenanzug gegen Einflüsse, die uns altern lassen.
Regeneration? Ein Leben lang!
Die gute Nachricht: Im Gegensatz zu allen anderen Gewebezellen unseres Körpers besitzen die Hautzellen eine lebenslange Fähigkeit zur Teilung und Regeneration, auch wenn der Prozess der Hautalterung schon längst begonnen hat! Na gut, das Potential dafür lässt mit zunehmendem Alter natürlich deutlich nach. Statt der rund 28 Tage zur Erneuerung brauchen die Zellen der Epidermis nun 50 Tage, Kollagen- und elastische Fasern (Elastin) kommen ab rund 70 nur noch minimal vor; sie werden in den ersten Lebensjahren gebildet, neue entstehen nicht. Die Talgdrüsen arbeiten kaum noch, der Gehalt an Hyaluronsäure nimmt ab. Doch die so wichtige Barriereschicht lässt sich sehr wohl gesund und intakt halten. Sie braucht halt etwas intensivere Unterstützung.
Fehlende Feuchtigkeit liefern von aussen Aloe vera, Algen- und Kaktusextrakte. Fehlende Fette (Ceramide, Lipide) für den Zellzusammenhalt und die Wasserbindefähigkeit kommen mit guten Ölen von innen und aussen bis in die Zellen und ihre Zwischenräume.
Der Kreislauf schliesst sich
Unsere Haut hat ein Alter erreicht, in dem sie einer Leinwand gleicht, auf der es unser ereignisreiches Leben zu entdecken gilt. Wie ein faszinierendes Gemälde, in dem sich Farben, Licht und Schatten, Höhen und Tiefen abbilden. Trotzdem reagiert sie wieder so empfindsam und reizbar wie am Anfang ihres Lebens. Ihre Fähigkeit Wärme zu speichern sinkt, und sie ist wieder sonnenempfindlicher. Die vier spezialisierten Empfänger (Rezeptoren) in der menschlichen Haut jedoch, die durch Druck, Dehnung, Vibration oder Schmerz erregt werden, bleiben wach. Sie sitzen ganz dicht unter der Haut, in der Epidermis, die nun nur noch die halbe Stärke (0,025 Millimeter) misst. Auf sanfte, angenehme Berührungen der Haut reagieren Seele und Körper nun intensiver!