vom 01.01.1970

Sich bräunen ohne in die pralle Sonne zu liegen, geht das? 12 Mythen über gesundes Sonnenbaden.

Ist die Mittagssonne schädlich? Wie viele Sonnenbrände sind gefährlich? Sind Sonnencremes wirklich schädlich für die Meere? Im Interview mit dem Tagesanzeiger gab Dermatologe Felix Bertram Auskunft zu Wahrheiten und Unwahrheiten rund ums Sonnenbaden und den entsprechenden Sonnenschutz für schöne und gesunde Haut.

1. Wir haben ja gar keinen richtigen Sommer. Und, wenn die Sonne nicht scheint, dann braucht man sich auch nicht einzucremen.
Falsch: Die UV-Strahlung birgt die grösste Gefahr für unsere Haut, denn sie induziert Hautkrebs. Und sobald wir uns draussen aufhalten, sind wir den schädlichen Strahlungen ausgesetzt – egal ob bei Sonne, Wolken oder gar Regen. So empfiehlt es sich nicht nur beim Sonnenbaden, sondern auch im Alltag Produkte mit UV-Schutz zu verwenden. Besonders auf exponierte Hautstellen wie Gesicht und Hände sollte man Acht geben und Sonnencreme mit einem Lichtschutzfaktor von mindestens 30 auftragen. Bei hellhäutigen Menschen empfiehlt sich sogar der Lichtschutzfaktor 50.

2. Meine Sonnenbrände liegen schon Jahre zurück. Darum bin ich auf der sicheren Seite, was Hautkrebs betrifft.
Falsch: Die Haut “vergisst” keinen Sonnenbrand, den wir je hatten. Durch jede Verbrennung, und genau das ist ein Sonnenbrand, wird unser Erbgut geschädigt und die Strahlenbelastung addiert sich. Gerade in Kindheit und Jugend zugezogene Sonnenbrände steigern das Risiko enorm, im späteren Verlauf des Lebens an Hautkrebs zu erkranken. So braucht es laut einer Studie der Warren Alpert Medical School der Brown University nur fünf Sonnenbrände um das Hautkrebsrisiko um 80 % zu erhöhen. Nach zu vielen Sonnenbränden funktioniert der Reparaturmechanismus der Haut nicht mehr einwandfrei.

3. Wenn ich nicht regelmässig in die Sonne gehe, bekomme ich zu wenig Vitamin D.
Falsch: Auch im Schatten «tankt» man Vitamin D und kann sich sogar bräunen. Wer im Herbst und Winter das Gefühl hat, er leide unter einem Vitamin D-Mangel, sollte dies aber untersuchen lassen.

4. Ich bin dieses Jahr schon braun geworden. Also bin ich bereits geschützt.Falsch: Vorbräunen schützt nicht vor schädlichen UV-A und UV-B-Strahlen. Die Sommerbräune ist nicht anderes als die Abwehrreaktion des Körpers vor der Einstrahlung. Zwar bekommen Leute mit einem dunkleren Hauttyp nicht ganz so schnell einen Sonnenbrand wie Leute mit heller Haut. Trotzdem sind auch sie der Strahlung ausgesetzt und müssen sich beim Sonnen entsprechend schützen.

5. Sonnencreme schadet den Meeren
Stimmt teilweise: Bestimmte chemische UV-Filter wie Oxybenzon oder Octocrylen schädigen Korallen und Fische. Deswegen sind diese nun in verschiedenen Ländern und Erdteilen verboten, z.B. erliess Hawaii Anfang 2021 ein solches Verbot. Seit einigen Jahren setzen nun aber Kosmetikfirmen vermehrt auf biologische Rezepturen und mineralische, statt chemische Filter. Man erkennt solche Produkte an Labels wie Ocean-Protect, Reef- oder Waterfriendly. Vor wenigen Jahren waren Sonnencremes mit mineralischem Lichtschutz noch zäh- und dickflüssig, nun wurden in dies in den letzten Jahren aber fortlaufend weiterentwickelt, sodass sie heute leichter geworden sind und trotzdem einwandfrei schützen.

6. Sonnencremes kann man nur eine Saison verwenden.
Stimmt teilweise: Die meisten Sonnenschutzprodukte haben auf der Unterseite einen Aufdruck, der besagt, ob die Sonnencreme nach dem Öffnen noch 6 oder 12 Monate haltbar ist. So kann es gut sein, dass man einen Sonnenschutz während eines Jahres benutzen kann. Auf alle Fälle sollte man ihn nicht mehr verwenden, wenn er z.B. beginnt ranzig zu riechen.

7. Der Besuch im Solarium fördert Hautkrebs
Stimmt: Nicht nur die Sonne, sondern auch künstlich erzeugte UV-Strahlen können die Entstehung von Hautkrebs begünstigen. Studien zeigen, dass der Besuch des Solariums das Risiko an schwarzem Hautkrebs zu erkranken sogar verdoppelt. Darüber hinaus kann die UV-Strahlung auch für Augen gefährlich sein, weil es so zu Hornhaut- und Bindehautentzündungen kommen kann. Deswegen ist vom Besuch des Solariums dringend abzuraten.

8. Durch die Ozonbelastung ist die Sonne gefährlicher geworden.
Stimmt: Die Ozonschicht ist in der Lage, UV-B Strahlen grösstenteils auszufiltern – ein natürlicher Sonnenschutz sozusagen. Eine immer dünner werdende Ozonschicht führt nun zu einer verstärkten UV-Belastung auf der Erdoberfläche. Somit kann man auch sagen, dass die Sonne „aggressiver“ geworden ist. Auch der Klimawandel trägt mit mehr Sonnenscheinstunden und damit mehr UV-Strahlungen pro Jahr zu einer verstärkten UV-Belastung bei.

9. Weil die Menschen in den letzten Jahren informierter sind, was die Gefahren der Sonnenstrahlung betrifft, und auch bessere Therapiemöglichkeiten entwickelt wurden, nimmt die Zahl der Hautkrebserkrankungen ab.
Falsch: Es stimmt zwar, dass sich viele Menschen den Gefahren heute bewusster sind. Trotzdem sind die Hautkrebszahlen aber nach wie vor sehr hoch und steigen sogar weiter an. Auch liegt es noch nicht so weit zurück, dass sich Sonnenhungrige mit Nuss- und anderem Sonnenöl eingeschmiert haben, um sich möglichst schnell zu bräunen. Den Preis für solche Bräunungsbeschleuniger zahlen wir dann zu einem späteren Zeitpunkt.

10. Wasserfeste Sonnencreme muss nach dem Baden nicht erneuert werden.
Falsch: Eine Sonnencreme darf sich „wasserfest“ nennen, wenn nach 20 Minuten im Wasser noch 50 % des Produkts auf der Haut ist. Das ist aber zu wenig, besonders wenn man sich in der prallen Sonne aufhält. Deswegen sollte man sich nach dem Baden immer neu eincremen, zusätzlich auch weil beim Abtrocknen mit dem Badetuch ein weiterer Teil des Sonnenschutzes abgetragen wird.

11. Die Mittagshitze sollte man am besten gemieden werden.
Stimmt: Durch den Winkel der Sonne ist die Sonneneinstrahlung zwischen 11 und 15 Uhr am aggressivsten. Wenn man sich während dieser Zeit im Freien aufhält, sollte man sich zum Bräunen nicht in die pralle Sonne legen, sondern ein Schattenplätzchen suchen. Denn die alte Weisheit „Auch im Schatten wird man braun“ stimmt tatsächlich. Deswegen macht es auch Sinn, sich zusätzlich mit entsprechender Kleidung und einem Hut zu schützen.

12. Kinderhaut ist gefährdeter als die Haut Erwachsener
Stimmt: Die Haut von Kindern ist noch nicht fertig entwickelt und besitzt dementsprechend noch keinen wirksamen Eigenschutz. So sind auch Schäden an ihrer DNA gravierender. Man sollte Kleinkindern von bis zu zwei Jahren mit entsprechender (Bade)kleidung und einem Hütchen ausstatten. Ältere Kinder sollten natürlich auch umfangreich und konsequent vor den Sonnenstrahlen geschützt werden, indem man Sonnencreme erstens grosszügig und zweitens nach jedem Aufenthalt im Wasser einschmiert. Ausserdem sollte man sich nach Möglichkeiten immer im Schatten aufhalten und auch sonst geläufige Tipps zum Sonnenschutz befolgen.